Gemein­schaft & Menschen

im PAN-Projekt

Wir als Gemeinschaft

Wir sind insgesamt 26 Menschen zwischen 1 und 75 Jahren, die im PAN-Projekt in Harmannstein gemeinsam zu Hause sind. Wir als Gemeinschaft sind das Herz von dem, was hier wächst und wird, weil alles an diesem Ort zu uns in Beziehung steht und mit uns verbunden ist.

Wir leben und arbeiten zusammen. Wir bestellen unsere Felder, bebauen unseren Garten, versorgen unsere Tiere, feiern, lernen, werken, wirtschaften und ENTWICKELN – uns und unser Lebensumfeld. Denn darin sehen wir seit Gründung des PAN-Projekts im Jahr 1995 unsere Hauptaufgabe: Wir wollen ein gelebtes Beispiel dafür sein, dass gemeinsam immer mehr geht!

Als Gemeinschaft leben wir in drei, bald vier Generationen gemeinsam unter einem Dach. Darin sehen wir ein großes Potenzial für uns alle:

Miteinander können wir die hier aufwachsenden Kinder und Jugendlichen zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens- und Lernwegs optimal begleiten. Die Vielfalt an Menschen bietet für unsere Kinder ein buntes Beziehungslernfeld – ähnlich einer „Gesellschaft im Kleinen“ – in der sie neben unserer Vielfalt und Verschiedenheit auch erleben können, welche Werte wir alle gemeinsam teilen, z.B. einen freundschaftlichen und respektvollen Umgang miteinander und eine achtsame Haltung gegenüber allem Lebendigen.
Auch jeder der Erwachsenen kann auf Ansprechpartner und Freunde zählen, die sich im gleichen Lebensabschnitt befinden und mit ähnlichen Lebensfragen beschäftigen.

Wir wollen einander Vorbilder für Offenheit, Ehrlichkeit und Entwicklungswillen sein und vorzeigen, dass Differenzen nur im echten Bemühen um gemeinsame Lösungen nutzbar gemacht werden können.

Das Zusammenleben von Einzelnen, Paaren und Familien in Gemeinschaft erfordert durch die unterschiedlichen Bedürfnisse eine stetig wachsende freundschaftliche Reife und Kommunikationsbereitschaft.

Partnerschaft bzw. Ehe ist die kleinste Form der Gemeinschaft und die Basis für die Gründung einer Familie. Auch für die Beziehung zwischen Lebenspartnern soll es eine Bereicherung sein, in Gemeinschaft zu leben – also verbunden mit den besten Freunden und somit ehrlichen Spiegeln.

Mitgliedern in unserer Gemeinschaft soll es möglich sein, würdevoll alt zu werden und sich Aufgaben widmen zu können, die ihrem Lebensabschnitt entsprechen. Dass wir füreinander da sein wollen, ist Teil unseres Anspruchs an unser Leben.

Während die heranwachsenden Generationen Elan und neue Ideen einbringen, schätzen wir auch besonders die Stimmen der älteren Mitglieder, welche das gemeinschaftliche Gesprächsfeld durch ihre Lebenserfahrungen bereichern. In Gemeinschaft alt zu werden, soll ein wahres Lebenselixier sein!

Wir PANs sind uns einig, dass wir in dieser Gemeinschaft den besten Ort gefunden haben, um unser Leben meistern und glücklich werden zu können. Wir finden unseren Lebenssinn und unsere Lebensfreude darin, gemeinsam zu lernen und zu leben und dabei eine PAN-Lebensart auszuformen, die der Seele gut tut!

Unsere Lebenshaltung

Wir wollen Jesus in unserem Leben ernst nehmen und alles in der Schöpfung als grundsätzlich liebens- und achtenswert anerkennen. Deshalb bemühen wir uns um eine geistbewusste BEZIEHUNG zu Boden, Pflanze, Tier und Mensch.

„Nimm nur, was du brauchst und gib so viel du kannst“ ist folglich eine Lebenshaltung im PAN-Projekt geworden, die wir in unserem Umgang mit allem täglich üben. Auf diese Weise erleben wir jeden Tag als weiteren Baustein in einem gemeinsamen PROZESS des ständigen Lernens und Entwickelns.

Die Ausformung der PAN-Lebensart ist unsere persönliche Antwort auf die gesellschaftlichen Fragen und Herausforderungen, die sich in Zukunft nicht mehr isoliert, sondern nur mehr mit der Fähigkeit zum gemeinschaftlichen Denken und Handeln lösen lassen werden.
Wir finden unseren Lebenssinn und unsere Lebensfreude darin, dass Gemeinschaftsbewusstsein für uns selbst und für alle, die sich mit dem PAN-Projekt in Beziehung setzen, immer MEHR fühlbar, erlebbar und fassbar wird.

Unsere Lebensart

Hier leben, lernen und wirtschaften rd. 30 Menschen im PAN-Projekt

Schule

Gemeinsamer
Fuhrpark
Gemein­schafts­räume
& private Wohnräume
Gemeinsame
Wäscherei
Gemeinsames
Haushaltslager
Gemeinsame
Küche

Tiere

Garten

Ackerbau

Werkstätten

Verwaltung & Firmen

Strom von der Sonne

Wasser-
Ver- & Ent-
sorgung

Unsere Selbstversorgung

Selbstversorgung hat für uns ganz viel mit Unabhängigkeit zu tun. Und Unabhängigkeit ist im PAN-Projekt wesentlich damit verbunden, inwieweit wir in der Lage sind, unsere Kernbedürfnisse Ernähren, Bekleiden und Wohnen selbständig und selbstbestimmt zu organisieren, unseren Anforderungen entsprechend zu entwickeln und würdig auszuformen. Dies bezieht natürlich die Zusammenarbeit und Vernetzung mit gleichgesinnten Menschen mit ein, die über Spezialisierungen oder Fähigkeiten verfügen, die es an unserem Standort (noch) nicht gibt.

Immer weiter wachsende, qualitative Selbstversorgung in allen Bereichen ist eine wesentliche Grundlage unserer Lebensart.

Unsere Selbstversorgung mit Lebensmitteln, die wir in unserem unmittelbaren Umfeld erzeugen, ist ein wichtiger Teil unserer gemeinsamen Identität. Es macht uns große Freude, dass wir 80 bis 90% unseres Lebensmittelbedarfs aus der eigenen biologischen Landwirtschaft und Verarbeitung decken können. In einer bestmöglichen Ernährung sehen wir nämlich eine wesentliche Grundlage für unser aller Gesundheit.

Unsere Gemeinsamkeit ist ausschlaggebend, um unserem hohen Anspruch bei allen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln gerecht werden zu können und um unsere Versorgung durch die gemeinsame Bewirtschaftung unserer Flächen und Veredelung unserer Produkte abzusichern.

In Sachen Bekleidung entstehen in unserer Textilwerkstatt immer wieder Einzelstücke aus möglichst qualitativen, ökologischen Stoffen, die dem Träger oder der Trägerin dann je nach Anforderung und Persönlichkeit auf den Leib geschneidert werden. Neben Kleidungsstücken entstehen bei Bedarf auch Vorhänge, Tischdackerl, Taschen und andere nützliche und dekorative textile Werke.

Unser Wohnen betreffend bietet die gut ausgestattete Holzwerkstatt in Kombination mit unserer Metallwerkstatt viele projektinterne Möglichkeiten zur Lebensraumgestaltung, was die Herstellung von Kunsthandwerk miteinschließt.
Die Wärme in unseren Räumen kommt von unserem Heizkraftwerk, das wir mit Hackschnitzeln aus heimischen Wäldern speisen. Unseren Wasserbedarf sichern wir durch Trink- und Nutzwasserbrunnen, unsere Entsorgung durch die hauseigene Kläranlage. Außerdem sind wir mit unseren Photovoltaikanlagen mittlerweile imstande, mind. 60% unseres Strombedarfs durch die Sonne abzudecken.

Mehr dazu bei unserer PAN-Projektewerkstatt ›

Neues aus unserer Gemeinschaft

Marlin-Jonathan: Willkommen bei uns!

von Gabriele Hahn, Mutter im PAN-Projekt

22:26 Uhr – Donnerstag, 26. September 2024

Das ist für mich einer dieser besonderen Momente, der meinem Leben eine ganz neue Dynamik verliehen und einen richtungsweisenden Punkt festgelegt hat: der Augenblick der Geburt unseres Sohnes Marlin-Jonathan.

Wie schon 21 Kinder zuvor, ist auch er zu Hause im PAN-Projekt auf die Welt gekommen. Als meine dritte Geburt innerhalb von vier Jahren konnte ich davon ausgehen, dass er nicht lange auf sich warten lassen würde. Was für mich aber am bezeichnendsten war, war die eindeutig spürbare Entschlossenheit, mit der Marlin-Jonathan in sein Erdenleben getreten ist. Mir war sofort klar: Er wird ein Mensch werden, der für Bewegung sorgt!

Nicht nur, dass die Geburt an sich ein ganz besonders schönes und tiefberührendes Erlebnis für mich und meinen Mann war, sie war zugleich die Erfüllung einer Art Vorbereitungszeit. Denn mit Marlin sind es nun wieder drei Kinder – drei Pioniere, wie wir sie vor 30 Jahren schon liebevoll genannt haben, die einer neuen Generation vorausgehen, um allem im PAN-Projekt Gelernten, Erlebten und Erarbeiteten der letzten Jahrzehnte neues Leben einzuhauchen und vor allem, um wieder die Zukunft zu gestalten.
Vieles haben wir für die damaligen Kinder, die nun erwachsen sind und selbst Familien gründen, auf den Kopf gestellt, reformiert, aufgebaut und vorbereitet. Vieles geht nun in deren Verantwortung über und wird auf den Prüfstand gestellt, neu geordnet oder auch erst jetzt so richtig mit Leben befüllt.
Nun werden wir gemeinsam auch den Pionieren der nächsten Generation wieder einen Rahmen geben, der ihrer Natur und ihrer Besonderheit entspricht. Und wir werden unser Möglichstes tun, dass es immer weitergeht. Mit ihnen werden wir auf’s Neue herausarbeiten, wie sie lernen und was sie brauchen, um von ganzem Herzen Mensch sein zu können.

Meine Hausgeburtshebamme, eine sehr lebenserfahrene Frau und gute Freundin, hat mir erzählt, dass sie die oft gehörte Frage „Warum sollte man in diese Welt ein Kind setzen?“ mit der Gegenfrage beantwortet: „Wer soll denn diese Welt ändern, wenn nicht die Kinder von morgen?“. Jede Generation hat ihre Aufgabe, ihre Stärken, ihre Herausforderungen.
Unsere Kinder werden uns also wieder überraschen, werden uns fordern und wir werden unglaublich vieles mit ihnen und durch sie lernen. Sie werden unser Motor sein, um selbst immer über uns hinauszuwachsen. Denn unbestritten wie am Tag eins des PAN-Projekts geht es jetzt wieder um die Kinder und mit ihnen um eine neue Dimension des Grundideals: „Leben für Kinder – next generation!“.

Ich bin wahrlich glücklich, Mutter von so wundervollen Kindern sein zu dürfen und mich mit aller Kraft und Liebe für diese Generation stark zu machen, dass auch sie ihre Aufgabe so gut wie möglich meistern kann.

09/2024
Akrobatik-Workshop mit Alexandra

Im Juli, August und September stand bei uns Akrobatik auf dem Programm!

Angeleitet von der erfahrenen Trainerin Alexandra Kurz hatten wir dreimal einen ca. 2-stündigen Workshop, an dem Michael-Johannes, Hanna, Sonnja, Stefanie, Benedikt, Sophia und ich als motiviertes Team teilnahmen. Mit Alexandra übten wir ganz Verschiedenes, wobei Handstandüberschlag, Flick-Flack und die Partnerfiguren meine persönlichen Highlights waren.

Da Akrobatik für die meisten von uns kein Neuland war, konnten wir auch etwas schwierigere Übungen mit Freude angehen.

Ich fand es richtig toll, dass es diese Möglichkeit gab. Weil ich sehr viel gelernt habe, bin ich Alexandra wirklich dankbar für die Begeisterung und die Zeit, die sie in die drei Workshop-Nachmittage investiert hat!
DANKE!

09/2024
Eindrücke, die bleiben: Unsere Reise in die Ukraine

Als ich mich im Juli 2024 mit Hanna entscheide, die von uns lang ersehnte Reise in die Ukraine durchzuziehen, hat das sehr persönliche Gründe. Seit fast 3 Jahren kennen wir uns und haben schon viel gemeinsam erlebt. Vor einem Jahr haben wir schließlich geheiratet – aber Hannas Heimatstadt Tschernihiw und ihre Familie besuchen konnten wir noch nie. Ihren Vater kenne ich nur von Videotelefonaten und aus Erzählungen, denn er kann das Land kriegsbedingt nicht verlassen. Nun ist es wirklich an der Zeit. Die im Moment deutlich ruhigere Lage im Norden der Ukraine lässt die Reise relativ gefahrlos zu und ich freue mich sehr darauf, endlich die Orte und Menschen kennenzulernen, mit denen Hanna zu dem wunderbaren Menschen wurde, der sie ist.

Wer in diesen Jahren „Ukraine“ hört, denkt unweigerlich an den Krieg. So geht es auch mir. Die schrecklichen Umstände, die Hannas Heimatland und viele Menschen, die ihr nahestehen, durchleben müssen, beschäftigen mich seit der Eskalation im Februar 2022 jeden Tag. Ich bringe ganz persönliche und prägende Eindrücke mit nach Hause: Solche, die mich mit tiefer Freude und Dankbarkeit erfüllt haben, aber auch solche, in denen sich mir die Spuren der Gewalt gezeigt haben, die dieses gar nicht weit entfernte Land mit seinen Menschen erfährt. Es sind Momente, die mich still werden ließen, die mich tief berührt haben und die mir bleiben und mich begleiten werden.

Ankommen in Tschernihiw

Ich sitze mit meiner Frau Hanna in einer Marschrutka, einem „Taxi-Bus“ auf dem Weg von Kyjiv (früher: Kiew) nach Tschernihiw – der nördlichsten Großstadt der Ukraine (etwa so groß wie Linz). Nach fast 30 Stunden Anreisezeit aus Harmannstein inkl. einer mitternächtlichen Überquerung der ungarisch/ukrainischen Grenze mit dem Zug befinden wir uns endlich auf der „Zielgeraden“. Hanna ist diese Busstrecke 4 Jahre lang jede Woche gefahren, als sie in Kyjiv studiert hat, erklärt sie mir. Sie filmt mit dem Handy aus dem Fenster. Der Sonnenuntergang taucht das fast 2 Kilometer lange Sonnenblumenfeld neben der Straße in ein wunderschönes rot-goldenes Licht.

Trotz des dichten Verkehrs kommen wir gut voran. Nur die Panzersperren, die in großen Gruppen im Abstand von mehreren Kilometern neben der Straße liegen, erinnern daran, dass hier vor weniger als zwei Jahren russische Panzer in einem Überraschungsangriff die ukrainische Hauptstadt erreichen wollten. Einmal, kurz vor Tschernihiw, verlangsamt sich unsere Fahrt und wir bleiben am Straßenrand stehen. Das ist eine der Straßensperren, von denen Hannas Eltern berichtet haben – Kontrollpunkte, an denen überprüft wird, ob Männer vor dem Kriegsdienst zu flüchten versuchen. Ein Mann in Militäruniform steigt zu. Mehrere große im Gang stehende Koffer scheinen ihn davon zu überzeugen, dass es diesmal die Mühe nicht wert ist, die etwa 25 Reisenden zu überprüfen und wir dürfen weiterfahren.

Minuten später umkurvt die Straße den Hügel, auf dem die Катерининська (Katharinenkirche) wie ein Wächter alle Ankommenden begrüßt – und kurz darauf erreichen wir unsere Endstation. Beim Aussteigen erwarten und begrüßen uns Hannas Taufpate mit seiner Frau bereits überaus herzlich – und auch Sophia ist da, Hannas kleine Schwester. Seit unserer Hochzeit in Österreich vor einem Jahr haben wir sie nicht mehr gesehen. Umso herzlicher ist das Wiedersehen. Willkommen in der Ukraine.

Wir wuchten die Koffer in den Kofferraum des Autos. Auf der Rückbank sitzend, zwischen uns Sophia, sehen wir hinaus in die mittlerweile dunkel werdende Stadt, als wir die letzten Kilometer zum Haus von Hannas Eltern zurücklegen. Während der Fahrt erzählt Hannas Taufpate vieles auf Russisch, manches davon kann ich sogar verstehen. Die nächsten Wochen werden zeigen, welche Art der Kommunikation mir meine insgesamt rd. 60 Stunden Russisch/Ukrainisch-Lernen mit Duolingo ermöglichen werden.

Hannas Eltern, Geschwister und ihre Tante begrüßen uns „Frischverheiratete“ vor ihrem Haus traditionell mit Brot und Salz, „Horilka“ (Ukrainischer Schnaps) und mit ganz viel Trara und guter Laune. Und nach fast drei Jahren, vor denen ich Hanna in Augsburg zum ersten Mal getroffen habe, und ein Jahr nach unserer Hochzeit kann ich endlich auch ihren Vater zum ersten Mal umarmen. Ich habe lange darauf gewartet. Es ist ein wunderschöner Moment.

Die Christi-Verklärungs-Kathedrale mit den drei ältesten Gebäuden der Stadt (errichtet 1036) hat in ihrer Geschichte bereits mehrere Kriege gesehen. Anders als viele Gebäude in Tschernihiw blieb sie vom russischen Beschuss verschont.

Hintergrund zum Krieg in der Ukraine

Als Russland im Februar 2022 seinen brutalen Großangriff auf die Ukraine startete, war auch das in Grenznähe liegende Tschernihiw rasch von russischen Truppen eingeschlossen worden. Ein Monat lang hatte die Stadt unter ständigem Beschuss gestanden, denn die rapide Entwicklung der Umstände und der russische Vorstoß Richtung Kyjiv auf mehreren Achsen hatte es dem Ukrainischen Militär unglaublich schwer gemacht, eine gut organisierte und schlagkräftige Antwort zu finden. In diesen Tagen war ein wesentlicher Beitrag zur Verteidigung der Stadt in den Händen der Zivilbevölkerung gelegen, die Waffen ausfasste, um in den Wäldern und Dörfern rund um die Stadt Widerstand zu leisten. Mit der Herstellung der Kontrolle über die Fernstraße nach Kyjiv gelang es dem ukrainischen Militär etwa ein Monat später schließlich, die Belagerung der Stadt zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt war 70% der Infrastruktur Tschernihiws beschädigt. Strom, Heizung und Trinkwasser funktionierten nicht, die medizinische Versorgung war zusammengebrochen. Einmal, als das mobile Internet funktionierte, videotelefonierten wir mit Hannas Familie, die endlose Tage und Nächte gemeinsam im dunklen Keller verbrachte. Den schrecklichen Umständen zum Trotz hatte Hannas Vater Witze über die russischen Bomben gemacht und darüber, dass wir uns vor Putin nicht fürchten müssten – er würde ihn aufhalten.

Als die Flucht aus der Stadt schließlich möglich geworden war, waren Hannas Mutter und Geschwister sofort zu uns gereist. Fünf Monate hatten sie bei uns verbracht, um sich von dem Erlebten zu erholen und – vor allem – um sich an einem ruhigen und sicheren Ort zu befinden. Dennoch war das „Abschalten“ schwierig gewesen und die Trennung der Familie – Hannas Vater durfte als Mann das Land nicht verlassen – war keine dauerhafte und sinnvolle Lösung gewesen.

Hanna und Dasha am Ort ihrer ehemaligen Schule, welche nach einem russischen Bombardement abgerissen werden musste.

Hannas Schule

Während unserem Besuch in Tschernihiw treffen wir uns mit Dasha, Hannas bester Freundin seit ihrer gemeinsamen Jugendzeit. Bei einem Spaziergang durch den Stadtteil, in dem sie gemeinsam aufgewachsen sind, gibt es eine Menge zu erzählen und wir lachen viel – auch, als wir das Grundstück besuchen, auf dem früher die Schule stand, in der die beiden Freundinnen einander kennenlernt haben. Mir ist bereits aufgefallen, dass Humor ein wichtiges Mittel der Menschen hier ist, um mit der Realität des Krieges umzugehen. Dasha erzählt, sie hätten sich als Kinder manchmal gewünscht, die Schule würde in Flammen aufgehen. Dass das Gebäude als Ziel eines russischen Angriffs Jahre danach dem Erdboden gleichgemacht werden würde, weil die lokale Bevölkerung dort Essen und wichtige Gebrauchsgegenstände für die Verteidiger der Stadt gesammelt hat, war damals jenseits jeder Vorstellbarkeit gewesen.

Dasha fragt mich (wie auch viele andere Menschen während unserer Reise), wie es mir mit den Luftalarmen geht. Bis zu sieben Mal pro Tag ertönen die Sirenen und ich werde von der offiziellen Handy-App gewarnt, oft auch mitten in der Nacht. Echte Sorgen mache ich mir deswegen keine. „Wenn hier so viele Menschen mehr als zwei Jahre damit leben können, kann auch ich das für zwei Wochen“, sage ich. Ich weiß auch, dass die Stadt zum Zeitpunkt unserer Reise nur sehr selten zum direkten Ziel der russischen Raketen und Drohnen wird. So gut wie alle sind im Moment „nur“ auf der Durchreise Richtung Kyjiv oder weiter ins Landesinnere.

Anm.: Mit Stand vom 22.08.2024 hat die russische Armee 9.627 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, von denen 2.429 abgeschossen wurden, berichtet der ukrainische Generalstab. Von den 13.997 Drohnen, so General Syrskyj, wurden 9.272 abgeschossen.

Der von deutschen und ungarischen Kriegsgefangenen zu Sowjetzeiten errichtete Bahnhof in Tschernihiw

Spuren des Kriegs

Bei unseren Spaziergängen im schmucken Zentrum der geschichtsträchtigen Stadt (die zum ersten Mal im Jahr 907 urkundlich erwähnt wurde), sind die Spuren der Angriffe an vielen Stellen sichtbar. Geld und Arbeitskräfte werden im Moment an vielen Orten dringender benötigt, als z.B. dafür, die Ruine eines ehemaligen Hotels im Zentrum abzureißen. Zwischen seinen halb eingestürzten Wänden und den Resten der Zwischendecken sprießt Grünzeug. Immer wieder laufen wir an Häusern vorbei, deren kaputte Glasfenster mit Pressspanplatten ersetzt wurden. Als wir das Gebäude der Post passieren, sehen wir sofort, dass der Eingangsbereich einen direkten Granatentreffer abbekommen hat. Die Einschlagstellen der Splitter sind über das gesamte Entree verteilt. Es ist schwer zu beschreiben, was in mir vorgeht. Ich verfolge die Spuren auf der Fassade und mir ist, als könnte ich die Gewalt selbst fast körperlich spüren. Innerlich hoffe ich, dass niemand hier an meiner Stelle stand, als das passiert ist. Bei 700 toten zivilen Stadtbewohnern in den letzten zweieinhalb Jahren ist das aber nicht auszuschließen.

Im Vergleich zum Theater, der Schule und dem Kino harmlose Schäden am Gebäude der Post

Am Abend von Onkels Geburtstag gibt es Fischsuppe, die er mit Freude selbst gekocht hat. Auch er ist mit seinen knapp 60 Jahren ein lebensfroher Mann mit blitzenden Augen und einem kräftigen gutmütigen Wesen. Der Tisch biegt sich unter Zuspeisen und den Tomaten, Gurken und Zwiebeln aus dem eigenen Garten. Dementsprechend gut ist die Stimmung und auch der Horilka trägt dazu bei, Stimmung und Lautstärke weiter zu heben, bis sich zu späterer Stunde das Gespräch natürlich trotzdem dem immer präsenten Thema „Krieg“ zuwendet.

Mir wird noch bewusster, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass alle Anwesenden am Tisch wohlauf und gesund sind und wir gemeinsam feiern dürfen. Hannas Vater zeigt uns auf seinem Handy ein Bild von einem Freund im Spital – er hat an der Front bei Kupjansk einen Arm verloren. Wir hören uns Onkels Berichte darüber an, wie er mit dem Fahrrad vom Theater wegfuhr, in welches nur eine Minute später eine Bombe einschlug. Über eine Verwandte, welche die Last zu tragen hat, Entscheidungen über die Tauglichkeit von Männern zur Einberufung an die Front treffen zu müssen. Dass drei Viertel der Männer große Angst davor haben, und sie ihnen dennoch mitteilen muss, dass sie einrücken müssen. Dass Hannas Cousin letztens in der Nacht wieder russische Drohnen gehört hat. Aber dann ist es auch wieder genug davon und alltägliche und familiäre Themen wollen gemeinsam besprochen werden.

Abgestürzte russische Kampfdrohne, mit denen seit Kriegsbeginn fast 15.000 mal auf Infrastruktur, Kraftwerke und zivile Gebäude der Ukraine geschossen wurde (National Police of Ukraine, CC BY 4.0)

Kampfdrohne über uns

Als ich um 4.45 in der Früh zum Handy greife, kann ich durch das geöffnete Fenster die Krone des Apfelbaums im Nachbargarten und einen kleinen Teil des Himmels erahnen. Ein lauter werdendes, gleichmäßiges Motorengeräusch hat mich geweckt. Ich bin kein Experte für Militärtechnik, aber mir ist augenblicklich klar, dass ich eine Kampfdrohne über der Stadt höre. Ich stehe leise auf, um Hanna nicht zu wecken, die langsam und gleichmäßig atmet. Der Motorenlärm wird leiser, bleibt aber hörbar, wird nach einer Minute wieder deutlich lauter. Mehrere Minuten lang stehe ich am Fenster, während die Drohne irgendwo über Tschernihiw (oder in den nahen Stadteilen?) große Kreise (?) zieht. Warum sie das tut, ist mir ein Rätsel – doch meine Vermutung bestätigt sich durch das plötzliche Knattern von Maschinengewehren in einiger Entfernung (nur nach dem Geräusch schwer zu schätzen, vielleicht 1–2 km?). Das ist definitiv die Luftabwehr. Dann setzt das Motorengeräusch der Drohne plötzlich aus und vor meinem inneren Auge sehe ich sie schon irgendwo ins Wohngebiet stürzen, wie in den Videoclips, die man kennt, wenn man sich laufend über den Krieg informiert. Doch Sekunden später startet der Motor wieder und das Geräusch wird langsam wieder leiser. Dreimal wiederholt sich das. In der Zwischenzeit ist Hanna wach geworden und hört ebenfalls zu. Plötzlich habe ich das Gefühl, zu verstehen, was das mit den Menschen in diesem Land machen muss, die die Geräusche von Drohnen (oder Explosionen!) in manchen Städten jede Nacht (!) zu hören bekommen. Es ist wirklich sehr gruselig: Da fliegt ein 50 kg Sprengsatz irgendwo im Nachthimmel herum und du kannst nichts anderes tun, als zu warten und zu hoffen, dass nichts passiert.

Da das Geräusch immer leiser wird, hat die Drohne offensichtlich eine andere Richtung eingeschlagen. „Unsere“ Luftabwehr stellt das Maschinengewehrfeuer ein, aber in der Ferne hört man sie noch länger schießen.

Am Morgen lese ich, dass in der Nacht alle „Shahed“-Kampfdrohnen über der Ukraine abgeschossen wurden und keine Schäden entstanden wären – und ich hoffe inständig, dass dem tatsächlich so ist.

Im idyllischen Wald am Stadtrand hat Hanna als Jugendliche viel mit Freunden gespielt, Videos gedreht und gepicknickt.

Gemeinsam unterwegs im Wald

Mit Hannas Vater und ihren Geschwistern machen wir eine Fahrradtour in den Wald im Westen Tschernihiws. Das freut mich sehr. Hanna hat hier früher viele Tage mit Freunden verbracht und ich kenne viele ihrer Geschichten, die hier ihren Ursprung haben. Am Stadtrand sieht man einige zerstörte Häuser, Panzersperren liegen zwischen den Straßen. Wir rollen einen Hügel hinunter in den Wald. „Hier waren schon die Russen“, erklärt uns Hannas Vater, der im Wald jeden Winkel und Schleichweg kennt. Der Wald ist sehr hell und luftig im Vergleich zu den Wäldern bei uns. Zwischen den Bäumen wächst Gras und man kann sehr weit sehen. Zwei Stunden lang sind wir auf unseren Rädern und zu Fuß zwischen Kiefern, Eichen und Birken auf Waldwegen unterwegs. Wir besuchen alle Lieblingsplätze, den kleinen Fluss und einen flachen, von Sträuchern gesäumten Teich mit kaltem Wasser. „Hier haben wir uns früher immer getroffen, gemeinsam Sport gemacht und trainiert und uns dann abgekühlt“, sagt Hannas Vater. Einmal hatte er mit einem Freund bei -18°C im Winter ein Loch ins Eis gehackt, um ins Wasser zu springen – das ist persönlicher Rekord.

Ein befestigter Schützengraben mitten im Wald fällt mir ins Auge, vereinzelt sieht man schwarze abgebrannte Stämme, die auf halber Höhe enden. Hinter einer Mauer und einem verschlossenen Tor sehe ich die Ruinen von einigen Gebäuden, deren Zweck mir nicht klar ist – davor ein Pfahl, behangen mit Blumenkränzen und einem mit Namen bestickten Zierband.

Eine lange Mauer schützt auch das nahe Wasserwerk der Stadt vor unbefugtem Zutritt. Dort hat Hannas Vater 25 Jahre lang gearbeitet. Die Bleche am vergitterten Tor haben Löcher, wo Granatsplitter durch das Metall gedrungen sind. „Zwei Freunde der Familie sind dort drinnen durch den russischen Beschuss gestorben“, geht es mir durch den Kopf. Ich weiß, dass es so ist. Und obwohl ich direkt hier vor Ort bin, fühlen sich diese Gedanken an wie eine Geschichte aus einem fernen Land – so wenig passt der luftig friedliche Eindruck des Waldes zu diesen Gedanken. Ich bin froh, dass diese schöne und ruhige Atmosphäre alles andere überwiegt, als wir fröhlich heimradeln – einen Waldweg entlang, an dessen Rändern viele Bäume bereits verwachsene Abschürfungen von schwerem Gerät zeigen, das ebenfalls hier entlang bewegt wurde.

In einer großen Buchhandlung ausgestelltes, illustriertes Kinderbuch über ein Huhn, das eine Granate findet – um Kinder vom Aufheben gefährlicher Überbleibsel des Krieges abzuhalten.

Was wird noch passieren?

Wahrscheinlich bin ich jetzt in dem Alter, in dem man nicht nur ahnen, sondern auch verstehen kann, dass 1945 noch gar nicht so lange her ist, wie ich während des Geschichtsunterrichts als Jugendlicher dachte. Als Kind in friedlichen Zeiten und in einem liebevollen Umfeld aufwachsen und als junger Erwachsener unter solchen Voraussetzungen leben zu können, ist nicht so "normal", wie es sich oft für mich angefühlt hat. Als Hanna und ich gemeinsam mit ihrer Mutter im Fotoarchiv der Familie stöbern, wird mir mehr als deutlich, wie viele Menschen den Krieg als Teil ihres Lebens akzeptieren mussten. Ein Vorfahr war in Georgien stationiert. Einer hat in der roten Armee gekämpft. Einer war Pilot, wurde im 2. Weltkrieg abgeschossen und überlebte, weil er rechtzeitig aus dem Flugzeug springen konnte. Auf manchen Bildern sieht man ihn in Uniform, mit vielen Auszeichnungen für seine Dienste im Kampf.

„Was werde ich noch erleben?“, frage ich mich. „In welcher Welt werde ich in 20, 30, 50 Jahren leben? In welcher der ukrainische Teil meiner Familie? Und in welcher „Normalität“ werden Hannas und meine Kinder aufwachsen?“

In einer friedlichen! Das hoffe ich nach meiner erlebnisreichen, herz- und augenöffnenden Reise in die Ukraine ganz besonders.

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Es ist möglich, zu helfen!

Hannas Freundin Olena ist Krankenschwester und wird in Kürze in die Frontgebiete rotiert, muss also dort für einige Zeit verpflichtend als Sanitäterin helfen. Deshalb möchte ich einen Spendenaufruf der Ärzte ohne Grenzen teilen, welche die Versorgung der Menschen in den schwer vom Krieg betroffenen Regionen unterstützen:

https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/ukraine

Danke für deine Unterstützung!

09/2024
Ich liebe, wie ich lebe: Johannes "Joe"
Ich liebe, wie ich lebe

Johannes ist durch und durch kreativer Umsetzer. Für praktische Probleme aller Art findet er stets eine Lösung, weshalb man ihn an vielen verschiedenen Orten im PAN-Projekt antreffen kann. Seine große Stärke ist, für andere da zu sein – mit seiner Tätigkeit in der Holzwerkstatt, mit seinen starken und geschickten Händen und mit seiner freundschaftlichen Selbstverständlichkeit.

Im zweiten Teil von Hannas Bachelorarbeit – der Videoserie "Ich liebe, wie ich lebe" – berichtet Johannes von seinem Arbeiten, seinem Bezug zum Werkstoff Holz und warum das gemeinsame Tun für ihn eine wichtiger Baustein seiner Lebensfreude ist.

07/2024
Marlin-Jonathan: Willkommen bei uns!

von Gabriele Hahn, Mutter im PAN-Projekt

22:26 Uhr – Donnerstag, 26. September 2024

Das ist für mich einer dieser besonderen Momente, der meinem Leben eine ganz neue Dynamik verliehen und einen richtungsweisenden Punkt festgelegt hat: der Augenblick der Geburt unseres Sohnes Marlin-Jonathan.

Wie schon 21 Kinder zuvor, ist auch er zu Hause im PAN-Projekt auf die Welt gekommen. Als meine dritte Geburt innerhalb von vier Jahren konnte ich davon ausgehen, dass er nicht lange auf sich warten lassen würde. Was für mich aber am bezeichnendsten war, war die eindeutig spürbare Entschlossenheit, mit der Marlin-Jonathan in sein Erdenleben getreten ist. Mir war sofort klar: Er wird ein Mensch werden, der für Bewegung sorgt!

Nicht nur, dass die Geburt an sich ein ganz besonders schönes und tiefberührendes Erlebnis für mich und meinen Mann war, sie war zugleich die Erfüllung einer Art Vorbereitungszeit. Denn mit Marlin sind es nun wieder drei Kinder – drei Pioniere, wie wir sie vor 30 Jahren schon liebevoll genannt haben, die einer neuen Generation vorausgehen, um allem im PAN-Projekt Gelernten, Erlebten und Erarbeiteten der letzten Jahrzehnte neues Leben einzuhauchen und vor allem, um wieder die Zukunft zu gestalten.
Vieles haben wir für die damaligen Kinder, die nun erwachsen sind und selbst Familien gründen, auf den Kopf gestellt, reformiert, aufgebaut und vorbereitet. Vieles geht nun in deren Verantwortung über und wird auf den Prüfstand gestellt, neu geordnet oder auch erst jetzt so richtig mit Leben befüllt.
Nun werden wir gemeinsam auch den Pionieren der nächsten Generation wieder einen Rahmen geben, der ihrer Natur und ihrer Besonderheit entspricht. Und wir werden unser Möglichstes tun, dass es immer weitergeht. Mit ihnen werden wir auf’s Neue herausarbeiten, wie sie lernen und was sie brauchen, um von ganzem Herzen Mensch sein zu können.

Meine Hausgeburtshebamme, eine sehr lebenserfahrene Frau und gute Freundin, hat mir erzählt, dass sie die oft gehörte Frage „Warum sollte man in diese Welt ein Kind setzen?“ mit der Gegenfrage beantwortet: „Wer soll denn diese Welt ändern, wenn nicht die Kinder von morgen?“. Jede Generation hat ihre Aufgabe, ihre Stärken, ihre Herausforderungen.
Unsere Kinder werden uns also wieder überraschen, werden uns fordern und wir werden unglaublich vieles mit ihnen und durch sie lernen. Sie werden unser Motor sein, um selbst immer über uns hinauszuwachsen. Denn unbestritten wie am Tag eins des PAN-Projekts geht es jetzt wieder um die Kinder und mit ihnen um eine neue Dimension des Grundideals: „Leben für Kinder – next generation!“.

Ich bin wahrlich glücklich, Mutter von so wundervollen Kindern sein zu dürfen und mich mit aller Kraft und Liebe für diese Generation stark zu machen, dass auch sie ihre Aufgabe so gut wie möglich meistern kann.

09/2024
Akrobatik-Workshop mit Alexandra

Im Juli, August und September stand bei uns Akrobatik auf dem Programm!

Angeleitet von der erfahrenen Trainerin Alexandra Kurz hatten wir dreimal einen ca. 2-stündigen Workshop, an dem Michael-Johannes, Hanna, Sonnja, Stefanie, Benedikt, Sophia und ich als motiviertes Team teilnahmen. Mit Alexandra übten wir ganz Verschiedenes, wobei Handstandüberschlag, Flick-Flack und die Partnerfiguren meine persönlichen Highlights waren.

Da Akrobatik für die meisten von uns kein Neuland war, konnten wir auch etwas schwierigere Übungen mit Freude angehen.

Ich fand es richtig toll, dass es diese Möglichkeit gab. Weil ich sehr viel gelernt habe, bin ich Alexandra wirklich dankbar für die Begeisterung und die Zeit, die sie in die drei Workshop-Nachmittage investiert hat!
DANKE!

09/2024
Eindrücke, die bleiben: Unsere Reise in die Ukraine

Als ich mich im Juli 2024 mit Hanna entscheide, die von uns lang ersehnte Reise in die Ukraine durchzuziehen, hat das sehr persönliche Gründe. Seit fast 3 Jahren kennen wir uns und haben schon viel gemeinsam erlebt. Vor einem Jahr haben wir schließlich geheiratet – aber Hannas Heimatstadt Tschernihiw und ihre Familie besuchen konnten wir noch nie. Ihren Vater kenne ich nur von Videotelefonaten und aus Erzählungen, denn er kann das Land kriegsbedingt nicht verlassen. Nun ist es wirklich an der Zeit. Die im Moment deutlich ruhigere Lage im Norden der Ukraine lässt die Reise relativ gefahrlos zu und ich freue mich sehr darauf, endlich die Orte und Menschen kennenzulernen, mit denen Hanna zu dem wunderbaren Menschen wurde, der sie ist.

Wer in diesen Jahren „Ukraine“ hört, denkt unweigerlich an den Krieg. So geht es auch mir. Die schrecklichen Umstände, die Hannas Heimatland und viele Menschen, die ihr nahestehen, durchleben müssen, beschäftigen mich seit der Eskalation im Februar 2022 jeden Tag. Ich bringe ganz persönliche und prägende Eindrücke mit nach Hause: Solche, die mich mit tiefer Freude und Dankbarkeit erfüllt haben, aber auch solche, in denen sich mir die Spuren der Gewalt gezeigt haben, die dieses gar nicht weit entfernte Land mit seinen Menschen erfährt. Es sind Momente, die mich still werden ließen, die mich tief berührt haben und die mir bleiben und mich begleiten werden.

Ankommen in Tschernihiw

Ich sitze mit meiner Frau Hanna in einer Marschrutka, einem „Taxi-Bus“ auf dem Weg von Kyjiv (früher: Kiew) nach Tschernihiw – der nördlichsten Großstadt der Ukraine (etwa so groß wie Linz). Nach fast 30 Stunden Anreisezeit aus Harmannstein inkl. einer mitternächtlichen Überquerung der ungarisch/ukrainischen Grenze mit dem Zug befinden wir uns endlich auf der „Zielgeraden“. Hanna ist diese Busstrecke 4 Jahre lang jede Woche gefahren, als sie in Kyjiv studiert hat, erklärt sie mir. Sie filmt mit dem Handy aus dem Fenster. Der Sonnenuntergang taucht das fast 2 Kilometer lange Sonnenblumenfeld neben der Straße in ein wunderschönes rot-goldenes Licht.

Trotz des dichten Verkehrs kommen wir gut voran. Nur die Panzersperren, die in großen Gruppen im Abstand von mehreren Kilometern neben der Straße liegen, erinnern daran, dass hier vor weniger als zwei Jahren russische Panzer in einem Überraschungsangriff die ukrainische Hauptstadt erreichen wollten. Einmal, kurz vor Tschernihiw, verlangsamt sich unsere Fahrt und wir bleiben am Straßenrand stehen. Das ist eine der Straßensperren, von denen Hannas Eltern berichtet haben – Kontrollpunkte, an denen überprüft wird, ob Männer vor dem Kriegsdienst zu flüchten versuchen. Ein Mann in Militäruniform steigt zu. Mehrere große im Gang stehende Koffer scheinen ihn davon zu überzeugen, dass es diesmal die Mühe nicht wert ist, die etwa 25 Reisenden zu überprüfen und wir dürfen weiterfahren.

Minuten später umkurvt die Straße den Hügel, auf dem die Катерининська (Katharinenkirche) wie ein Wächter alle Ankommenden begrüßt – und kurz darauf erreichen wir unsere Endstation. Beim Aussteigen erwarten und begrüßen uns Hannas Taufpate mit seiner Frau bereits überaus herzlich – und auch Sophia ist da, Hannas kleine Schwester. Seit unserer Hochzeit in Österreich vor einem Jahr haben wir sie nicht mehr gesehen. Umso herzlicher ist das Wiedersehen. Willkommen in der Ukraine.

Wir wuchten die Koffer in den Kofferraum des Autos. Auf der Rückbank sitzend, zwischen uns Sophia, sehen wir hinaus in die mittlerweile dunkel werdende Stadt, als wir die letzten Kilometer zum Haus von Hannas Eltern zurücklegen. Während der Fahrt erzählt Hannas Taufpate vieles auf Russisch, manches davon kann ich sogar verstehen. Die nächsten Wochen werden zeigen, welche Art der Kommunikation mir meine insgesamt rd. 60 Stunden Russisch/Ukrainisch-Lernen mit Duolingo ermöglichen werden.

Hannas Eltern, Geschwister und ihre Tante begrüßen uns „Frischverheiratete“ vor ihrem Haus traditionell mit Brot und Salz, „Horilka“ (Ukrainischer Schnaps) und mit ganz viel Trara und guter Laune. Und nach fast drei Jahren, vor denen ich Hanna in Augsburg zum ersten Mal getroffen habe, und ein Jahr nach unserer Hochzeit kann ich endlich auch ihren Vater zum ersten Mal umarmen. Ich habe lange darauf gewartet. Es ist ein wunderschöner Moment.

Die Christi-Verklärungs-Kathedrale mit den drei ältesten Gebäuden der Stadt (errichtet 1036) hat in ihrer Geschichte bereits mehrere Kriege gesehen. Anders als viele Gebäude in Tschernihiw blieb sie vom russischen Beschuss verschont.

Hintergrund zum Krieg in der Ukraine

Als Russland im Februar 2022 seinen brutalen Großangriff auf die Ukraine startete, war auch das in Grenznähe liegende Tschernihiw rasch von russischen Truppen eingeschlossen worden. Ein Monat lang hatte die Stadt unter ständigem Beschuss gestanden, denn die rapide Entwicklung der Umstände und der russische Vorstoß Richtung Kyjiv auf mehreren Achsen hatte es dem Ukrainischen Militär unglaublich schwer gemacht, eine gut organisierte und schlagkräftige Antwort zu finden. In diesen Tagen war ein wesentlicher Beitrag zur Verteidigung der Stadt in den Händen der Zivilbevölkerung gelegen, die Waffen ausfasste, um in den Wäldern und Dörfern rund um die Stadt Widerstand zu leisten. Mit der Herstellung der Kontrolle über die Fernstraße nach Kyjiv gelang es dem ukrainischen Militär etwa ein Monat später schließlich, die Belagerung der Stadt zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt war 70% der Infrastruktur Tschernihiws beschädigt. Strom, Heizung und Trinkwasser funktionierten nicht, die medizinische Versorgung war zusammengebrochen. Einmal, als das mobile Internet funktionierte, videotelefonierten wir mit Hannas Familie, die endlose Tage und Nächte gemeinsam im dunklen Keller verbrachte. Den schrecklichen Umständen zum Trotz hatte Hannas Vater Witze über die russischen Bomben gemacht und darüber, dass wir uns vor Putin nicht fürchten müssten – er würde ihn aufhalten.

Als die Flucht aus der Stadt schließlich möglich geworden war, waren Hannas Mutter und Geschwister sofort zu uns gereist. Fünf Monate hatten sie bei uns verbracht, um sich von dem Erlebten zu erholen und – vor allem – um sich an einem ruhigen und sicheren Ort zu befinden. Dennoch war das „Abschalten“ schwierig gewesen und die Trennung der Familie – Hannas Vater durfte als Mann das Land nicht verlassen – war keine dauerhafte und sinnvolle Lösung gewesen.

Hanna und Dasha am Ort ihrer ehemaligen Schule, welche nach einem russischen Bombardement abgerissen werden musste.

Hannas Schule

Während unserem Besuch in Tschernihiw treffen wir uns mit Dasha, Hannas bester Freundin seit ihrer gemeinsamen Jugendzeit. Bei einem Spaziergang durch den Stadtteil, in dem sie gemeinsam aufgewachsen sind, gibt es eine Menge zu erzählen und wir lachen viel – auch, als wir das Grundstück besuchen, auf dem früher die Schule stand, in der die beiden Freundinnen einander kennenlernt haben. Mir ist bereits aufgefallen, dass Humor ein wichtiges Mittel der Menschen hier ist, um mit der Realität des Krieges umzugehen. Dasha erzählt, sie hätten sich als Kinder manchmal gewünscht, die Schule würde in Flammen aufgehen. Dass das Gebäude als Ziel eines russischen Angriffs Jahre danach dem Erdboden gleichgemacht werden würde, weil die lokale Bevölkerung dort Essen und wichtige Gebrauchsgegenstände für die Verteidiger der Stadt gesammelt hat, war damals jenseits jeder Vorstellbarkeit gewesen.

Dasha fragt mich (wie auch viele andere Menschen während unserer Reise), wie es mir mit den Luftalarmen geht. Bis zu sieben Mal pro Tag ertönen die Sirenen und ich werde von der offiziellen Handy-App gewarnt, oft auch mitten in der Nacht. Echte Sorgen mache ich mir deswegen keine. „Wenn hier so viele Menschen mehr als zwei Jahre damit leben können, kann auch ich das für zwei Wochen“, sage ich. Ich weiß auch, dass die Stadt zum Zeitpunkt unserer Reise nur sehr selten zum direkten Ziel der russischen Raketen und Drohnen wird. So gut wie alle sind im Moment „nur“ auf der Durchreise Richtung Kyjiv oder weiter ins Landesinnere.

Anm.: Mit Stand vom 22.08.2024 hat die russische Armee 9.627 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, von denen 2.429 abgeschossen wurden, berichtet der ukrainische Generalstab. Von den 13.997 Drohnen, so General Syrskyj, wurden 9.272 abgeschossen.

Der von deutschen und ungarischen Kriegsgefangenen zu Sowjetzeiten errichtete Bahnhof in Tschernihiw

Spuren des Kriegs

Bei unseren Spaziergängen im schmucken Zentrum der geschichtsträchtigen Stadt (die zum ersten Mal im Jahr 907 urkundlich erwähnt wurde), sind die Spuren der Angriffe an vielen Stellen sichtbar. Geld und Arbeitskräfte werden im Moment an vielen Orten dringender benötigt, als z.B. dafür, die Ruine eines ehemaligen Hotels im Zentrum abzureißen. Zwischen seinen halb eingestürzten Wänden und den Resten der Zwischendecken sprießt Grünzeug. Immer wieder laufen wir an Häusern vorbei, deren kaputte Glasfenster mit Pressspanplatten ersetzt wurden. Als wir das Gebäude der Post passieren, sehen wir sofort, dass der Eingangsbereich einen direkten Granatentreffer abbekommen hat. Die Einschlagstellen der Splitter sind über das gesamte Entree verteilt. Es ist schwer zu beschreiben, was in mir vorgeht. Ich verfolge die Spuren auf der Fassade und mir ist, als könnte ich die Gewalt selbst fast körperlich spüren. Innerlich hoffe ich, dass niemand hier an meiner Stelle stand, als das passiert ist. Bei 700 toten zivilen Stadtbewohnern in den letzten zweieinhalb Jahren ist das aber nicht auszuschließen.

Im Vergleich zum Theater, der Schule und dem Kino harmlose Schäden am Gebäude der Post

Am Abend von Onkels Geburtstag gibt es Fischsuppe, die er mit Freude selbst gekocht hat. Auch er ist mit seinen knapp 60 Jahren ein lebensfroher Mann mit blitzenden Augen und einem kräftigen gutmütigen Wesen. Der Tisch biegt sich unter Zuspeisen und den Tomaten, Gurken und Zwiebeln aus dem eigenen Garten. Dementsprechend gut ist die Stimmung und auch der Horilka trägt dazu bei, Stimmung und Lautstärke weiter zu heben, bis sich zu späterer Stunde das Gespräch natürlich trotzdem dem immer präsenten Thema „Krieg“ zuwendet.

Mir wird noch bewusster, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass alle Anwesenden am Tisch wohlauf und gesund sind und wir gemeinsam feiern dürfen. Hannas Vater zeigt uns auf seinem Handy ein Bild von einem Freund im Spital – er hat an der Front bei Kupjansk einen Arm verloren. Wir hören uns Onkels Berichte darüber an, wie er mit dem Fahrrad vom Theater wegfuhr, in welches nur eine Minute später eine Bombe einschlug. Über eine Verwandte, welche die Last zu tragen hat, Entscheidungen über die Tauglichkeit von Männern zur Einberufung an die Front treffen zu müssen. Dass drei Viertel der Männer große Angst davor haben, und sie ihnen dennoch mitteilen muss, dass sie einrücken müssen. Dass Hannas Cousin letztens in der Nacht wieder russische Drohnen gehört hat. Aber dann ist es auch wieder genug davon und alltägliche und familiäre Themen wollen gemeinsam besprochen werden.

Abgestürzte russische Kampfdrohne, mit denen seit Kriegsbeginn fast 15.000 mal auf Infrastruktur, Kraftwerke und zivile Gebäude der Ukraine geschossen wurde (National Police of Ukraine, CC BY 4.0)

Kampfdrohne über uns

Als ich um 4.45 in der Früh zum Handy greife, kann ich durch das geöffnete Fenster die Krone des Apfelbaums im Nachbargarten und einen kleinen Teil des Himmels erahnen. Ein lauter werdendes, gleichmäßiges Motorengeräusch hat mich geweckt. Ich bin kein Experte für Militärtechnik, aber mir ist augenblicklich klar, dass ich eine Kampfdrohne über der Stadt höre. Ich stehe leise auf, um Hanna nicht zu wecken, die langsam und gleichmäßig atmet. Der Motorenlärm wird leiser, bleibt aber hörbar, wird nach einer Minute wieder deutlich lauter. Mehrere Minuten lang stehe ich am Fenster, während die Drohne irgendwo über Tschernihiw (oder in den nahen Stadteilen?) große Kreise (?) zieht. Warum sie das tut, ist mir ein Rätsel – doch meine Vermutung bestätigt sich durch das plötzliche Knattern von Maschinengewehren in einiger Entfernung (nur nach dem Geräusch schwer zu schätzen, vielleicht 1–2 km?). Das ist definitiv die Luftabwehr. Dann setzt das Motorengeräusch der Drohne plötzlich aus und vor meinem inneren Auge sehe ich sie schon irgendwo ins Wohngebiet stürzen, wie in den Videoclips, die man kennt, wenn man sich laufend über den Krieg informiert. Doch Sekunden später startet der Motor wieder und das Geräusch wird langsam wieder leiser. Dreimal wiederholt sich das. In der Zwischenzeit ist Hanna wach geworden und hört ebenfalls zu. Plötzlich habe ich das Gefühl, zu verstehen, was das mit den Menschen in diesem Land machen muss, die die Geräusche von Drohnen (oder Explosionen!) in manchen Städten jede Nacht (!) zu hören bekommen. Es ist wirklich sehr gruselig: Da fliegt ein 50 kg Sprengsatz irgendwo im Nachthimmel herum und du kannst nichts anderes tun, als zu warten und zu hoffen, dass nichts passiert.

Da das Geräusch immer leiser wird, hat die Drohne offensichtlich eine andere Richtung eingeschlagen. „Unsere“ Luftabwehr stellt das Maschinengewehrfeuer ein, aber in der Ferne hört man sie noch länger schießen.

Am Morgen lese ich, dass in der Nacht alle „Shahed“-Kampfdrohnen über der Ukraine abgeschossen wurden und keine Schäden entstanden wären – und ich hoffe inständig, dass dem tatsächlich so ist.

Im idyllischen Wald am Stadtrand hat Hanna als Jugendliche viel mit Freunden gespielt, Videos gedreht und gepicknickt.

Gemeinsam unterwegs im Wald

Mit Hannas Vater und ihren Geschwistern machen wir eine Fahrradtour in den Wald im Westen Tschernihiws. Das freut mich sehr. Hanna hat hier früher viele Tage mit Freunden verbracht und ich kenne viele ihrer Geschichten, die hier ihren Ursprung haben. Am Stadtrand sieht man einige zerstörte Häuser, Panzersperren liegen zwischen den Straßen. Wir rollen einen Hügel hinunter in den Wald. „Hier waren schon die Russen“, erklärt uns Hannas Vater, der im Wald jeden Winkel und Schleichweg kennt. Der Wald ist sehr hell und luftig im Vergleich zu den Wäldern bei uns. Zwischen den Bäumen wächst Gras und man kann sehr weit sehen. Zwei Stunden lang sind wir auf unseren Rädern und zu Fuß zwischen Kiefern, Eichen und Birken auf Waldwegen unterwegs. Wir besuchen alle Lieblingsplätze, den kleinen Fluss und einen flachen, von Sträuchern gesäumten Teich mit kaltem Wasser. „Hier haben wir uns früher immer getroffen, gemeinsam Sport gemacht und trainiert und uns dann abgekühlt“, sagt Hannas Vater. Einmal hatte er mit einem Freund bei -18°C im Winter ein Loch ins Eis gehackt, um ins Wasser zu springen – das ist persönlicher Rekord.

Ein befestigter Schützengraben mitten im Wald fällt mir ins Auge, vereinzelt sieht man schwarze abgebrannte Stämme, die auf halber Höhe enden. Hinter einer Mauer und einem verschlossenen Tor sehe ich die Ruinen von einigen Gebäuden, deren Zweck mir nicht klar ist – davor ein Pfahl, behangen mit Blumenkränzen und einem mit Namen bestickten Zierband.

Eine lange Mauer schützt auch das nahe Wasserwerk der Stadt vor unbefugtem Zutritt. Dort hat Hannas Vater 25 Jahre lang gearbeitet. Die Bleche am vergitterten Tor haben Löcher, wo Granatsplitter durch das Metall gedrungen sind. „Zwei Freunde der Familie sind dort drinnen durch den russischen Beschuss gestorben“, geht es mir durch den Kopf. Ich weiß, dass es so ist. Und obwohl ich direkt hier vor Ort bin, fühlen sich diese Gedanken an wie eine Geschichte aus einem fernen Land – so wenig passt der luftig friedliche Eindruck des Waldes zu diesen Gedanken. Ich bin froh, dass diese schöne und ruhige Atmosphäre alles andere überwiegt, als wir fröhlich heimradeln – einen Waldweg entlang, an dessen Rändern viele Bäume bereits verwachsene Abschürfungen von schwerem Gerät zeigen, das ebenfalls hier entlang bewegt wurde.

In einer großen Buchhandlung ausgestelltes, illustriertes Kinderbuch über ein Huhn, das eine Granate findet – um Kinder vom Aufheben gefährlicher Überbleibsel des Krieges abzuhalten.

Was wird noch passieren?

Wahrscheinlich bin ich jetzt in dem Alter, in dem man nicht nur ahnen, sondern auch verstehen kann, dass 1945 noch gar nicht so lange her ist, wie ich während des Geschichtsunterrichts als Jugendlicher dachte. Als Kind in friedlichen Zeiten und in einem liebevollen Umfeld aufwachsen und als junger Erwachsener unter solchen Voraussetzungen leben zu können, ist nicht so "normal", wie es sich oft für mich angefühlt hat. Als Hanna und ich gemeinsam mit ihrer Mutter im Fotoarchiv der Familie stöbern, wird mir mehr als deutlich, wie viele Menschen den Krieg als Teil ihres Lebens akzeptieren mussten. Ein Vorfahr war in Georgien stationiert. Einer hat in der roten Armee gekämpft. Einer war Pilot, wurde im 2. Weltkrieg abgeschossen und überlebte, weil er rechtzeitig aus dem Flugzeug springen konnte. Auf manchen Bildern sieht man ihn in Uniform, mit vielen Auszeichnungen für seine Dienste im Kampf.

„Was werde ich noch erleben?“, frage ich mich. „In welcher Welt werde ich in 20, 30, 50 Jahren leben? In welcher der ukrainische Teil meiner Familie? Und in welcher „Normalität“ werden Hannas und meine Kinder aufwachsen?“

In einer friedlichen! Das hoffe ich nach meiner erlebnisreichen, herz- und augenöffnenden Reise in die Ukraine ganz besonders.

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Es ist möglich, zu helfen!

Hannas Freundin Olena ist Krankenschwester und wird in Kürze in die Frontgebiete rotiert, muss also dort für einige Zeit verpflichtend als Sanitäterin helfen. Deshalb möchte ich einen Spendenaufruf der Ärzte ohne Grenzen teilen, welche die Versorgung der Menschen in den schwer vom Krieg betroffenen Regionen unterstützen:

https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/ukraine

Danke für deine Unterstützung!

09/2024
Ich liebe, wie ich lebe: Johannes "Joe"
Ich liebe, wie ich lebe

Johannes ist durch und durch kreativer Umsetzer. Für praktische Probleme aller Art findet er stets eine Lösung, weshalb man ihn an vielen verschiedenen Orten im PAN-Projekt antreffen kann. Seine große Stärke ist, für andere da zu sein – mit seiner Tätigkeit in der Holzwerkstatt, mit seinen starken und geschickten Händen und mit seiner freundschaftlichen Selbstverständlichkeit.

Im zweiten Teil von Hannas Bachelorarbeit – der Videoserie "Ich liebe, wie ich lebe" – berichtet Johannes von seinem Arbeiten, seinem Bezug zum Werkstoff Holz und warum das gemeinsame Tun für ihn eine wichtiger Baustein seiner Lebensfreude ist.

07/2024

Häufige Fragen & Kontakt

Streitet ihr nie? Wie löst ihr Konflikte?

Wo viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften zusammenleben, gibt es selbstverständlich auch Konflikte. Es ist für einen echten Gemeinschaftsmenschen jedoch unverzichtbar, entstandene Konflikte aktiv zu bearbeiten und wieder auflösen zu wollen, bei Bedarf auch durch Mithilfe und Mediation eines anderen Gemeinschaftsmitgliedes. Meist lösen sich Unstimmigkeiten dadurch auf, dass man den Grund für die Handlungs- oder Ausdrucksweise des Anderen versteht. So bringen uns unsere Unterschiedlichkeiten im Endeffekt näher zusammen, statt auseinander.

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Wie kann ich bei euch mitmachen?

Unser derzeitiges Angebot beschränkt sich momentan auf:

  • 1 bis 2 Besuchstage im Jahr für unverbindlich Interessierte (siehe: Kontakt)
  • Sommerpraktikanten für den Garten (meist im Alter von 15 bis 20 – aber nicht nur). Das bedeutet: Mithilfe gegen Kost und Logis in der Zeit von April bis Oktober.
    Ansprechpartnerin dafür ist Maia Hahn ()
  • Ernsthaft am Gemeinschaftsleben Interessierte (mit Interesse, das eigene Leben in diese Richtung zu verändern). Hier haben wir kein fixes Angebot, sondern finden nach deiner Anfrage gemeinsam einen Weg vom ersten Kennenlernen bis zu einem längeren Aufenthalt bei uns.
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Weitere Fragen beantworten wir Dir gerne persönlich. Deine Ansprechpartner für alle gemeinschaftlichen Fragen im PAN-Projekt sind:

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